In einer globalisierten Welt ist es keine Seltenheit, dass Waren in verschiedenen Ländern bearbeitet werden, bis sie dem Endverbraucher zum Verkauf angeboten werden. Dies gilt insbesondere im EU-Binnenmarkt. Obst und Gemüse bilden keine Ausnahme. Was qualifiziert ein Land jedoch als „Ursprungsland“?
Der Fall
Ein Unternehmen züchtete Kulturchampignons in den Niederlanden. Dies geschah in so genannten „Kulturkisten“. In diesen Kisten wurden die Pilze nach Deutschland transportiert. Dort wurden sie geerntet. Anschließend wurden sie in Deutschland verkauft. Gekennzeichnet wurden die Pilze mit „Ursprungsland: Deutschland“. Die so genannte Wettbewerbszentrale sah hierin eine Irreführung der Verbraucher. Die wesentlichen Verarbeitungsschritte seien gerade nicht in Deutschland, sonden im Ausland erfolgt. Sie erhob Klage auf Unterlassung der irreführenden Kennzeichnung.
Die Entscheidung
Die Wettbewerbszentrale scheiterte sowohl in erster als auch in zweiter Instanz. Der Rechtsstreit beschäftigte in letzter Instanz den Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 16.01.2020, Az.: I ZR 74/16). Dieser legte den Rechtsstreit dem EuGH vor. Dieser verwies auf den zwingenden Wortlaut europäischer Zollvorschriften. Hiernach sei allein die Ernte maßgeblich (Urteil v. 04.09.2019, Rechtssache C-686/17). Der BGH schloss sich dem an. Im Urteil heißt es u.a.: „In einem solchen Fall genießt das Kennzeichnungsrecht Normvorrang und ist eine unlautere Irreführung auch dann nicht anzunehmen, wenn relevante Teile des Verkehrs die verwendete Bezeichnung falsch verstehen„.
Fazit
Im Grunde gab der BGH der Wettbewerbszentrale Recht. Die Verbraucher könnten tatsächlich einer Fehlvorstellung unterliegen. Er sah sich jedoch gezwungen, die Klage abzuweisen. Eine tatsächliche Irreführung muss folglich nicht zwingend auch eine Irreführung im rechtlichen Sinne sein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Gesetzgeber diese Irreführung selbst „abgesegnet“ hat.