Hat der Empfänger einer Werbe-Mail Anspruch auf Schmerzensgeld, wenn er nicht mit solchen E-Mails einverstanden war? Und wie groß müssen die Schmerzen eigentlich sein, um Schmerzensgeld zu erhalten? Diese absurd anmutende Rechtsfrage muss nun dem Europäische Gerichtshof vorgelegt werden. Der Fall ist nur auf den ersten Blick lustig. Bei Unternehmen kann er zu erheblichen Kopfschmerzen führen.
Was war da los?
Ein Anwaltskollege erhielt eine Werbe-Mail, obwohl er nicht in den Erhalt von E-Mails zu Werbezwecken eingewilligt hatte. Er verlangte deshalb 500 EUR Schmerzensgeld vom Versender. Das Amtsgericht Goslar wies den Schmerzensgeldanspruch gegen den Versender ab. Begründung: Es habe sich nur um eine einzelne E-Mail gehandelt. Diese sei nicht „zur Unzeit“ (Juristendeutsch, das wahrscheinlich bedeuten soll: außerhalb der Zeiten, zu denen normale Menschen ihre Ruhe haben wollen) versendet worden. Außerdem war sie wohl klar als Werbung ersichtlich und nicht besonders lang. Deshalb gebe es keinen Schaden. Der Anwaltskollege zog dagegen bis vor das Bundesverfassungsgericht (BVerfG).
„You’re entering a world of pain“
Das BVerfG entschied: Das AG Goslar hätte den Schmerzensgeldanspruch nicht einfach ablehnen dürfen, ohne zuvor den EuGH anzurufen. Denn Voraussetzungen und Umfang des Schmerzensgeldanspruchs sind bisher noch unklar. Vor allem die Ansicht des Amtsgerichts, der Schaden sei nicht erheblich gewesen, hielt das BVerfG für eine rechtliche Fehlbeurteilung. Die DSGVO enthält keinen Hinweis darauf, dass der Schaden erheblich sein muss. Im Gegenteil: Die DSGVO sagt sogar ausdrücklich, dass der Begriff des Schadens weit auszulegen ist.
Betäubung in Sicht?
Spätestens da fangen bei Unternehmen die Kopfschmerzen an. Denn wenn jeder kleinste Verstoß gegen die DSGVO zu einem Schadens- oder Schmerzensgeldanspruch führt, dann ist eine Klage- und Abmahnungswelle schon jetzt absehbar. Die finanziellen Folgen für Unternehmen wären kaum abzusehen. Einen gewissen Schmerz wird man daher bei dem Betroffenen verlangen können. Es wird nun Aufgabe des EuGH sein, hier eine Balance herzustellen und beide Seiten mit Painkillern zu versorgen.