Amazon-Händler aufgepasst: Das OLG Frankfurt a.M. hat mit Beschluss vom 18.03.2021, Az. 6W 8/18, entschieden, dass einmal eingestellte Angebote auf Amazon regelmäßig dahingehend zu prüfen sind, dass keine Rechtsverletzungen von ihnen ausgehen – und zwar auch dann, wenn sie ursprünglich anders hochgeladen wurden und sich erst nachträglich ohne ihr Zutun in rechtsverletzender Weise geändert haben.
Der Fall
Die Parteien sind Mitbewerber auf Amazon und vertreiben u.a. Druckertoner. Der Markt ist hart umkämpft. Geschenkt wird sich hier nichts und schon gar kein Vorteil durch Bilder mit originalverpackten Druckerkassetten, wenn sich das Angebot „nur“ auf neutral verpackte Originalware bezieht! Das ist die Auffassung des Antragstellers, der gegen die Konkurrentin vorging. Das LG Hanau gab ihm im Wege einer einstweiligen Verfügung Recht (LG Hanau, Beschl. v. 04.12.2017, Az. 5 O 17/16). Schwarz auf weiss hatte es die Konkurrentin fortan zu unterlassen, ihre unverpackten Waren mit Bildern von originalverpackten Kassetten zu bewerben. Als der Antragsteller in der Folge wieder mit ansehen musste, wie Angebote der Gegnerin auf Amazon mit seinen Bildern originalverpackter Waren beworben wurden, zog er vor das OLG Frankfurt a.M. und beantragte ein Ordnungsgeld gegen die scheinbar unbelehrbare Mitbewerberin.
Hintergrund
Beim Einstellen eines Originalprodukts kann man mithilfe der ASIN, der Amazon Standard Identification Number, seine Ware als ein weiteres Angebot zu einem auf Amazon bereits vorhandenen Produkt neben den bestehenden Angeboten anderer Anbieter aufnehmen. Dadurch sind Produkte für Kunden leichter auffindbar. Der Programmalgorithmus von Amazon bebildert Angebote automatisch, indem aus allen hinterlegten Bildern ein beliebiges ausgewählt wird. So kann es vorkommen, dass ein Angebot über ein unverpacktes Originalprodukt mit einer fremden Abbildung von originalverpackten Waren der gleichen Kategorie versehen wird.
Argumente
Die Antragsgegnerin sieht sich unverschuldet als Rechtsbrecherin gebrandmarkt. Sie habe schließlich beim Einstellen ihres Angebots auf Amazon das Bild eines Toners ohne Originalkarton mit der richtigen ASIN für ihr Produkt “Originalware neutral unverpackt“ übermittelt. Das Bild sei durch das System von Amazon willkürlich durch eins mit Originalverpackung ausgewechselt worden. Den Antragsteller überzeugte das wenig. An eine Unterlassungsverpflichtung habe sich die Antragsgegnerin zu halten – egal wie!
Die Entscheidung
Das OLG Frankfurt a.M. gab dem Antragsteller Recht. Einem Händler sei es grundsätzlich zuzumuten, ein länger eingestelltes Angebot regelmäßig daraufhin zu überprüfen, ob rechtsverletzende Änderungen vorgenommen worden seien. Diese Prüfpflicht habe die Antragsgegnerin verletzt. Hätte sie ihr Angebot nach dem Einstellen regelmäßig überprüft, hätte sie bemerkt, dass neben ihrem Angebot für unverpackte Ware nicht nur das von ihr selbst hochgeladene, sondern noch die Bilder anderer Händler erscheinen. Im Übrigen habe die Antragsgegnerin durch das erstinstanzliche Verfahren bereits von der Funktion des Algorithmus erfahren. Dies hätte sie dazu veranlassen müssen, ihr Angebot – jedenfalls unter dieser ASIN – zu löschen.
Fazit
Bei beiden Angeboten handelte es sich um Originalware. Der Unterschied bestand nur darin, dass das Produkt des Antragstellers originalverpackt war und das der unterliegenden Konkurrentin nicht. Die Originalverpackung dient als Indikator dafür, dass das Produkt ungeöffnet und unbeschädigt vom Hersteller stammt. Sie ist daher ein Qualitätsmerkmal, für das Kunden oft auch mehr zu zahlen bereit sind.
Als Händler auf Amazon sollte man angesichts der Entscheidung von Zeit zu Zeit prüfen, ob das einst eingestellte Angebot noch immer in der ursprünglichen Form dargestellt wird. Ansonsten drohen rechtliche Konsequenzen, wenn sich das Angebot – auch ohne eigenes Einwirken- in rechtsverletzender Weise ändert.