Die Koalitionsfraktionen haben sich geeinigt: Das neue „Gesetz zur Stärkung eines fairen Wettbewerbes“ soll nach der Sommerpause verabschiedet werden. Es soll vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) vor dem Missbrauch durch professionelle Abmahner schützen.
Umsetzung
Das neue Gesetz betrifft hauptsächlich Vorschriften des UWG. Um Wettbewerbsverstöße abmahnen zu dürfen, müssen sich Wettbewerbsverbände nun in die „Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände“ eintragen. Zudem wird ein Katalog von Missbrauchsumständen eingeführt, bei deren Vorliegen die Geltendmachung von Ansprüchen unzulässig ist. Das Gesetz stellt formale Anforderungen an die Abmahnung, die denen des § 97a UrhG ähnlich sind. Zudem wird es eine neue Bagatellgrenze geben, nach der die erstmalige Abmahnung von Kleinstverstößen keine Abmahngebühren und Vertragsstrafen auslöst. Solche Kleinstverstöße umfassen Informations- und Kennzeichnungspflichten, worunter insbesondere in Impressumspflicht zu fassen ist. Außerdem soll nunmehr festgeschrieben werden, dass Verstöße gegen die DSGVO durch KMU nicht abmahnfähig sind. Erstmals werden Maßstäbe für die Angemessenheit von Vertragsstrafen gesetzlich niedergeschrieben.
Neben diesen die Abmahnung und den Unterlassungsvertrag betreffenden Vorschriften schafft das neue Gesetz zudem den fliegenden Gerichtsstand ab. Örtlich zuständig wird das Gericht sein, in dessen Bezirk der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Im Übrigen wird dem Designgesetz eine Reparaturklausel hinzugefügt. Danach besteht für zukünftige Designanmeldungen kein Designschutz für Bauelemente eines komplexen Erzeugnisses.
Bewertung
Der bezweckte Schutz von KMU ist auf jeden Fall zu begrüßen, darin sind sich auch die Kritiker des neuen Gesetzes einig. Der Schutz vor Abmahnmissbrauch führt jedoch zu einer Reihe formaler Anforderungen, die den seriösen Wettbewerbsverbänden und Mitbewerbern ihre Arbeit erschweren kann. Von dieser Arbeit ist die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts abhängig, weil es in Deutschland keine Behörde gibt, die hierfür zuständig wäre. Für mehr Rechtssicherheit sorgt die Umsetzung der ständigen Rechtsprechung des BGH bezüglich Missbrauchsindizien und der Bemessung von Vertragsstrafen. Bezüglich der Reparaturklausel gehen die Meinungen stark auseinander. Zum einen eröffnet es neue Märkte, zum anderen schwächt es Originalhersteller und vereinfacht Piraterieimporte.
Ausblick
Durch die vielen zusätzlichen Voraussetzungen, die die Abmahnenden erfüllen müssen, entstehen auch mehr potentielle Angriffspunkte. Es bleibt abzuwarten, ob die Gesetzesänderung die Unterlassungserklärung als Instrument der Rechtsdurchsetzung stärkt oder schwächt. Die zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffe bedürfen der Auslegung, womit sich die Notwendigkeit erhöht, bei einer Abmahnung anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Vielen Dank an Theresia Rasche für diesen Blogbeitrag.