„Nach dem Sieg verdienst du ihn, nach der Niederlage brauchst du ihn“ habe Napoléon I. Bonaparte über Champagner gesagt. Nach dem Urteil des OLG München vom 01.07.2021, Az. 29 U 1698/14, dürfte den Parteien angesichts des jahrelangen Rechtsstreits um das „Champagner Sorbet“ des Discounters ALDI, der bis zum EuGH reichte, aber nicht mehr nach einem gemeinsamen Gläschen zumute gewesen sein. Das OLG München bestätigte das Urteil des LG München I. Ein „Champagner Sorbet“ muss damit nach Champagner schmecken, um die durch die g.U. geschützte festlich anmutende Bezeichnung tragen zu dürfen.
Der Fall
Klägerin ist der Comité Champagne, ein berufsübergreifender Dachverband, der die Interessen aller Champagne-Winzer und der Champagne-Häuser vertritt. Dieser fand es gar nicht prickelnd, dass ALDI im Jahr 2012 ein Tiefkühlprodukt mit der Bezeichnung „Champagner Sorbet“ und entsprechender Bebilderung anbot, das zwar 12% Champagner enthielt, aber vorwiegend nach Birne schmeckte. So dürfe ALDI die prestigeträchtige Bezeichnung nicht benutzen. Der Champagner (frz. Champagne) ist durch die geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) geschützt, die garantiert, dass die Erzeugung, Verarbeitung und Herstellung in einem bestimmten geographischen Gebiet nach einem anerkannten und festgelegten Verfahren erfolgen.
Argumente
Die Klägerin fand, dass ALDI durch seine gefrorene Speise mit Bezeichnung „Champagner Sorbet“ die Rechte an der g.U. verletze. Nur die Tatsache, dass das Produkt in geringer Menge Champagner enthalte, berechtige ALDI nicht, die g.U. im Namen für ihr Produkt zu führen, wenn es nicht die Voraussetzungen der g.U. erfülle. Es fehle der feinperlige, bekömmliche von Champagner dominierte Geschmack. Dieser werde erst ab ca. 40% Champagneranteil erreicht.
ALDI hingegen war der Auffassung, sein Sorbet als „Champagner Sorbet“ bezeichnen zu dürfen, schließlich enthält es unstreitig Champagner. Außerdem sei „Champagner Sorbet“ in der deutschen Küchenliteratur eine feststehende Bezeichnung für eine halbgefrorene Süßspeise mit Champagnerzusatz. ALDI stellte sich damit auf den Standpunkt, dass „Champagner Sorbet“ sich in einer Reihe mit „Mousse au chocolat“, „Crème brûlée“ oder „Panna cotta“, als feste Gattungsbezeichnungen für eine bestimmte Art von Speise, einreihe.
OLG München setzt Vorgaben des EuGHs im Urteil um „Champagner Sorbet“ um
Nach dem Urteil des Münchener OLG von letzter Woche dürften im Hause des Comité Champagne die Korken geknallt sein. Nachdem eine Reihe deutscher Gerichte, das LG München I, das OLG München im Jahr 2014 und der BGH den Rechtsstreit um das „Champagner Sorbet“ auf den Tisch liegen hatten, sprach der EuGH ein Machtwort, indem es auf eine Vorlagefrage des BGH unter anderem entschied, dass es eine Ausnutzung der g.U. darstelle, wenn das durch die g.U. geschützte Produkt zwar als Zutat in dem Lebensmittel enthalten sei, aber dieses nicht die Produktspezifikationen der g.U. erfülle (EuGH, Urt. v. 20.12.2017 – C-393/16). Wenn Champagner im Produktnamen aufgenommen wird, hätte das Sorbet als wesentliche Eigenschaft einen Geschmack aufweisen müssen, der hauptsächlich durch das Vorhandensein dieser Zutat hervorgerufen werde. Damit Champagner auf dem Sorbet hätte draufstehen können, hätte es also neben Champagner als Zutat auch nach Champagner schmecken müssen. Ansonsten profitiere das Produkt unberechtigt vom Ansehen der g.U. und der damit verbundenen Güte- und Prestigevorstellungen. Etwaige Gewohnheiten des Verkehrs in Bezug auf „Champagner Sorbet“ als feststehende Bezeichnung in der deutschen Küche bleiben dabei unberücksichtigt. Die Verwendung der g.U. „Champagner“ in der Produktbezeichnung stelle daher eine widerrechtliche Ausnutzung ihres Ansehens dar.
Fazit
Erzeuger von Produkten, die durch eine g.U. geschützt sind, dürften einen Grund zum Feiern haben. Ihre Rechte sind durch den Verfahrensausgang weiter gestärkt worden. Das Urteil setzt die Linie des EuGHs fort, den Schutzumfang der g.U. großzügig auszulegen. So hatte der EuGH bereits Ende 2020 (wir berichteten) entschieden, dass die g.U. neben dem Namen auch das charakteristische äußere Erscheinungsbild des durch die g.U. geschützten Erzeugnisses schütze.