IT-Recht und Erbrecht könnten unterschiedlicher nicht sein. Während das eine sich dadurch auszeichnet, digitale Entwicklungen am Puls der Zeit zu verfolgen, beschäftigt sich das andere mit der Übertragung von Vermögenswerten nach dem Tod eines Menschen. Um ein Zusammentreffen dieser beiden Rechtsgebiete ging es erneut in einem Beschluss des BGH (Az. III ZB 30/20).
Der zugrunde liegende Fall
Im Erbfall geht das Vermögen des Erblassers auf die Erben über, § 1922 BGB. Zu diesem Vermögen gehören auch Vertragsverhältnisse, wie zum Beispiel das Vertragsverhältnis zwischen einer Nutzerin und Facebook über die Einrichtung und Nutzung eines Accounts. Aus diesem Grund bestätigte 2018 der BGH (Az. III ZR 183/17) ein Urteil des LG Berlin und verpflichtete Facebook, einer Mutter Zugang zum Facebook-Account ihrer verstorbenen Tochter und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten zu geben. Der BGH entschied insbesondere, dass weder das postmortale Persönlichkeitsrecht der Erblasserin, noch das Fernmeldegeheimnis oder das Datenschutzrecht dem entgegenstehen.
Die Entscheidung des BGH
Facebook wurde kreativ. Die Mutter erhielt nicht etwa die Login-Daten ihrer Tochter, sondern einen USB-Stick mit einer 14.000 Seiten langen PDF-Datei. Die Datei enthielt eine Kopie der ausgelesenen Daten aus dem Konto der Verstorbenen. Das genügte weder der Mutter noch dem BGH: Facebook muss der Mutter die Möglichkeit einräumen, vom Benutzerkonto selbst und von dessen Inhalt auf dieselbe Art und Weise Kenntnis nehmen zu können, wie es die ursprüngliche Kontoberechtigte konnte.
Dennoch:
Die Einsicht der Erben in höchstpersönliche Angelegenheiten dürfte dem Willen des Erblassers nur im Ausnahmefall entsprechen. Gern wird hier der Vergleich gezogen, dass die Erben ja auch Eigentümer von Tagebüchern des Erblassers werden. Eine Übertragung der analogen Welt in die digitale ist jedoch nur bedingt möglich: Nirgendwo finden sich analog derart komprimiert Daten und Nachrichten, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen. Deshalb wäre eine gesetzliche Regelung hierzu wünschenswert.
Vielen Dank an Theresia Rasche für diesen Blogbeitrag.