Händler auf Online-Plattformen aufgepasst: Verantwortlichkeiten für KI. Auch wenn ein Kilometerstand irrtümlich zu niedrig angegeben wird haftet der Anbieter aus Wettbewerbsrecht wegen irreführender Werbung, wenn ein Algorithmus daraus ein „TOP-Angebot“ errechnet und dieses Angebot hervorhebt.
Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat am 09.03.2020 (Az.: 6 W 25/20) rechtskräftig per Beschluss entschieden, dass eine irrtümlich erheblich zu geringe Angabe eines Kilometerstandes bei einem Gebrauchtwagen-Angebot auf einer Online-Plattform eine irreführende Werbung darstellt, wenn sie aufgrund des Algorithmus der Plattform zu einer blickfangartig hervorgehobenen Bewertung als „TOP-Angebot“ führt. Dies gelte auch dann, wenn der Betrachter die Diskrepanz zwischen dem Kaufpreis und der angeblich geringen Laufleistung sofort erkennt, oder aufgrund des zusätzlich eingestellten Fotos den tatsächlichen Kilometerstand erkennen kann.
Ein Anbieter hatte auf der Plattform autoscout24 einen VW Golf unter Angabe eines Kilometerstandes von 2.040 km für 1.100 Euro beworben, obwohl der tatsächliche Kilometerstand 204.032 km betrug, was auf einem hochgeladenen Foto für Interessenten auch zu erkennen war.
Während das Landgericht Köln als Vorinstanz eine irreführende Werbung verneint hat, hat der 6. Zivilsenat des OLG die Irreführung und den Unterlassungsanspruch bejaht. Begründet wird die Entscheidung mit dem Argument, dass die Angabe eines Tachostandes von nur 2.040 km unlauter sei, weil insbesondere die Relation von Tachostand und Kaufpreis entscheidend für die Bewertung des Angebots durch den Algorithmus der Internetplattform sei. Die fehlerhafte Kilometerangabe im Text hat zu einer Einordnung als ‚TOP-Angebot‘ geführt, obwohl das Angebot tatsächlich nicht die Kriterien für die Bewertung als ‚TOP-Angebot‘ erfüllt habe. Dann aber liege eine blickfangmäßig hervorgehobene unwahre Bewertung vor, die auch nicht ausreichend aufgeklärt werde.
Der Anbieter ist zur Unterlassung verpflichtet, auch wenn die Bewertung seines Angebots als ‚TOP-Angebot‘ nicht durch ihn selbst vorgenommen worden sei. Denn der Algorithmus hat jedenfalls auf die vom Anbieter zur Verfügung gestellten Daten zugegriffen und diese ausgewertet. Der Unterlassungsanspruch gemäß § 5 UWG setzt kein schuldhaftes Handeln des Anbieters voraus.
Fazit: Werden falsche Angaben auf Handels-Plattformen wie autoscout24 aber auch amazon gemacht und errechnet die Plattform eigenständig Attribute aus den Angaben und präsentiert sie werbewirksam, haftet der Anbieter auf Unterlassung.