Die Abkürzung „INRI“ oder auch „I.N.R.I.“ ist nicht nur Christen bekannt als die Inschrift am Jesu-Kreuz. I.N.R.I. bedeutet: Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum“ (Jesus von Nazareth, König der Juden). Ein Unternehmer aus Bayern hat diese Abkürzung 2014 als Marke eintragen lassen und möchte noch in diesem Jahr beginnen, T-Shirts unter dieser Marke zu vertreiben. Seine jüngsten Absichten sind wohl der Anlass dafür, dass aktuell in vereinzelten Medien die Frage gestellt wird: Geht das überhaupt?
Die Entscheidung des EUIPO
Das Europäische Amt für Geistiges Eigentum (EUIPO) hielt die Marke „INRI“ u.a. für Seifen, Lederwaren, Bekleidung und Getränke für eintragungsfähig. Anders sah es dies für Schmuckwaren. Hierfür lehnte es die Eintragung ab. Es hielt das angemeldete Zeichen für beschreibend und daher nicht unterscheidungskräftig.
Was steckt dahinter?
Die Unterscheidungskraft und der beschreibende Charakter von Zeichen ist abhängig von den Waren oder Dienstleistungen zu beurteilen, für die es eingetragen werden soll. Ein besonders plakatives Beispiel ist das Zeichen „Apple“, welches z.B. für Computer und Telekommunikation eintragungsfähig ist, nicht jedoch für Äpfel. Ganz so offensichtlich ist die Bewertung jedoch nicht immer.
Im vorliegenden Fall stellte das EUIPO fest, dass die maßgeblichen Verkehrskreise das Zeichen „INRI“ für Schmuckwaren für gebräuchlich hielten („INRI-Schmuck“). Es führte als Beispiel einen Kettenanhänger mit Jesuskreuz samt Schriftzug an. Das Zeichen „INRI“ gebe den Verkehrskreisen also Auskunft über ein Merkmal der Ware und daher keinen Hinweis auf die Herkunft der Ware. Daher sei es hierfür beschreibend und nicht unterscheidungskräftig.
Für die übrigen Waren hat das EUIPO die Eintragungsfähigkeit nicht begründet. Einer Begründung bedarf es auch nur, wenn die Eintragung abgelehnt werden soll. Einen unmittelbaren Zusammenhang hat EUIPO für die übrigen Waren also nicht gesehen.
Aber der Markeninhaber will die Marke doch gerade mit Jesus-Bezug benutzen?
Der EuGH hat erst kürzlich festgestellt, dass die Unterscheidungskraft eines Zeichens unter Berücksichtigung aller wahrscheinlichen Verwendungsarten geprüft werden muss (EuGH – #darferdas?). Eine Ausnahme gilt, wenn in der betreffenden Branche nur eine einzige Verwendungsart praktisch bedeutsam ist.
Laut aktueller Medienberichte will der Inhaber das Zeichen auf T-Shirts mit einem Bild von Jesus verwenden. So würde das Zeichen dem Verbraucher aber wohl nicht als Hinweis auf einen Hersteller dienen (BGH – #darferdas?). Einen Hinweis auf einen Hersteller würde der Verkehr jedoch darin sehen, wenn der Inhaber das Zeichen „INRI“ auf dem eingenähten Etikett auf der Innenseite anbringt. Da diese Art der Verwendung ebenso wahrscheinlich ist wie ein Aufdruck auf der Vorderseite, dürfte das Zeichen auch nach dem BGH für „Bekleidung“ grundsätzlich schutzfähig sein.
Im Registerverfahren prüft das Amt nur die abstrakte Wahrscheinlichkeit der Verwendung. Dass der Inhaber die nicht herkunftshinweisende Variante beabsichtigt, hat deshalb im Registerverfahren keine Auswirkungen.
Ist die Eintragung nicht sittenwidrig?
Grundsätzlich sind Marken auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen. Ob ein solcher Sittenverstoß vorliegt, ist eine Wertung des Einzelfalles, die das Markenamt vornimmt. Nach deutscher Rechtsprechung können übliche religiöse Zeichen gegen die guten Sitten verstoßen, wenn ihre Kommerzialisierung das religiöse Empfinden eines wesentlichen Teils des angesprochenen Publikums unerträglich verletzt. So hat das DPMA etwa Eintragungen der Zeichen „Buddha“, „DAKINI“, „Urbi et Orbi“ und „Pontifex“ (teilweise mehrfach) abgelehnt.
Dieselben Wörter hat das EUIPO jedoch zur Eintragung zugelassen, was dafürspricht, dass das EUIPO grundsätzlich eine andere Wertung der Sittenwidrigkeit im religiösen Kontext trifft.
Und was sagt der Inhaber selbst?
Laut Medienberichten sei der Inhaber selbst überrascht gewesen, dass die Marke eintragungsfähig ist.
Vielen Dank an Theresia Rasche für diesen Blogbeitrag.