Bei der Wortmarke „Plombir“, ins Deutsche übersetzt mit „Sahneeis“, handelt es sich um eine beschreibende und damit freihaltebedürftige Angabe. Zu diesem Ergebnis sind unabhängig voneinander das Bundespatentgericht (BPatG) und der Europäische Gerichtshof (EuGH) gelangt.
Der Sachverhalt
Die Marke „Plombir“ wurde 2009 ins deutsche und 2011 ins Unionsmarken-Register eingetragen. Ihr Schutz erstreckte sich u.a. auf Milchprodukte sowie Desserts aus Joghurt, Quark oder Sahne. „Plombir“ ist die buchstabengetreue Umsetzung des aus kyrillischen Schriftzeichen bestehenden Worts „Пломбир“ – ins Deutsche übersetzt: „Sahneeis“ Die Antragstellerin bzw. Klägerin machte geltend, dass die Eintragung niemals hätte erfolgen dürfen, weil „Plombir“ eine beschreibende Angabe und damit nicht eintragungsfähig sei. Hierzu führte sie aus, dass „Plombir“ in Russland die Gattungsbezeichnung für ein sehr beliebtes, besonders fetthaltiges Sahneeis sei, welches eine spezielle Zusammensetzung aufweisen müsse.
Rechtliche Grundlage
Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Unionsmarkenverordnung (UMV) bzw. § 8 Abs. 2 Nr. 2 des deutschen Markengesetzes (MarkenG) sind solche Marken von der Eintragung ins Markenregister ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art oder sonstiger Merkmale der anmeldeten Waren dienen können. Dahinter steht das Ziel, dass diese beschreibenden Angaben von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung einem einzigen Unternehmen vorbehalten werden sollen. Zur Beurteilung, ob eine beschreibende Angabe vorliegt, ist auf die Kenntnisse derjenigen Verkehrskreise abzustellen, an die sich die von der Marke beanspruchten Waren richten. Nach Art. 7 Abs. 2 UMV besteht ein Eintragungshindernis bereits dann, wenn es nur in einem Teil der Union vorliegt.
BPatG: Der Fachhandel kennt’s
Ausweislich seines Beschlusses (Az. 28 W (pat) 27/13) vom März 2020 erachtete das BPatG „Plombir“ als eine beschreibende Angabe. Dabei setzte das Gericht den Schwerpunkt auf den beteiligten Verkehrskreis des Lebensmittelfachhandels. Denn der Vertrieb von „Plombir“ erfolge überwiegend über den Lebensmitteleinzelhandel. Es sei daher davon auszugehen, dass der Lebensmittelfachhandel aufgrund der Handelsbeziehungen zwischen Russland und Deutschland mit den Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem russischen Lebensmittelmarkt vertraut sei und um die beschreibende Bedeutung von „Plombir“ – einem russischen Standardprodukt – wisse. Die Antragstellerin obsiegte somit – “Plombir“ wurde nunmehr aus dem deutschen Markenregister gelöscht.
EuGH: der russisch-sprachige Verbraucher kennt’s
Rund drei Monate nach der Entscheidung des BPatG sorgte das Sahneeis auch auf europäischer Ebene für erfrischende Abwechslung: Mit Urteil (Rechtssache C-142/19 P) vom Juni 2020 bejahte auch der EuGH ein Freihaltebedürfnis und bestätigte damit die Entscheidung des EuG (Rechtssache T-830/16). Vom BPatG abweichend zog das EuG jedoch die in der EU ansässigen, der russischen Sprache mächtigen Verbraucher als maßgeblichen Verkehrskreis heran. Das Eintragungshindernis liege insofern „in einem Teil“ der EU vor, weil die russischsprachigen Verbraucher zur breiten Öffentlichkeit der Union zählten und insbesondere in Deutschland und den baltischen Staaten als Teil der Union lebten. Der beschreibende Charakter von „Plombir“ werde von diesem Verkehrskreis sofort und unmittelbar erfasst.
Alles Geschmackssache
Die parallel in Deutschland und in der EU geführten Löschungsverfahren zeigen, dass unterschiedliche Wege zu demselben Ergebnis führen können. Ob das russische Sahneeis neben markenrechtlicher Sprengkraft auch eine Geschmacksexplosion verursacht, das muss nun jeder selbst entscheiden.
Also dann: прия́тного аппети́та! (Guten Appetit!)
Vielen Dank an Wiebke Westermann für diesen Blogbeitrag.