Die Videoüberwachung von Betriebsräumen, in denen sich Beschäftigte aufhalten, ist datenschutzrechtlich heikel. Die niedersächsische Datenschutzbehörde hat am Freitag ein Bußgeld von mehr als zehn Millionen Euro gegen ein Versandhandelsunternehmen aus Niedersachsen verhängt.
Beschäftigte unter Generalverdacht?
Die Datenschutzbehörde sprach von einem „schwerwiegenden Fall der Videoüberwachung im Betrieb“. Das Unternehmen soll über zwei Jahre seine Beschäftigten per Video überwacht haben, ohne dass eine Rechtsgrundlage bestanden habe. Die Videoüberwachung sei weder auf einen bestimmten Zeitraum noch auf konkrete Beschäftigte beschränkt gewesen. Sie verstoße daher massiv gegen die Rechte der Beschäftigten. Diese müssten ihre Persönlichkeitsrechte nicht aufgeben, nur weil ihr Arbeitgeber sie unter Generalverdacht stelle.
Auch Kundinnen und Kunden des Unternehmens seien von der unzulässigen Videoüberwachung betroffen gewesen. Denn einige Kameras seien auf Sitzgelegenheiten im Verkaufsraum gerichtet gewesen. Die Behörde hielt die Videoüberwachung auch insoweit für nicht verhältnismäßig.
Unverhältnismäßiges Bußgeld?
Das Versandhandelsunternehmen bezeichnete das Bußgeld als unverhältnismäßig. Zu keinem Zeitpunkt sei das Videosystem darauf ausgerichtet gewesen, das Verhalten der Mitarbeiter oder deren Leistungen zu überwachen. Außerdem habe man im Jahre 2017 mit der LfD Niedersachsen kooperiert und die Videoüberwachung teilweise geändert. Das Unternehmen hat bereits angekündigt, Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einzulegen.
(K)ein eindeutiger Fall
Die Bußgelder beruhen im Wesentlichen auf dem von den Datenschutzbehörden entwickelten Bußgeldkonzept. Bereits in einem anderen Bußgeldverfahren (wir berichteten) gelang es dem dort betroffenen Unternehmen aber, das Bußgeld deutlich zu reduzieren. Das LG Bonn hatte in seinem Urteil einer rein umsatzbezogenen Geldbuße (wie im Bußgeldkonzept festgelegt) den Boden entzogen.
Wie so oft im Datenschutzrecht dürfte deshalb auch in diesem Fall erheblicher Argumentationsspielraum für eine Bußgeldreduzierung bestehen. Außerdem sind viele Fragen noch nicht höchstrichterlich geklärt. Der Fall zeigt aber erneut: Datenschutz ist keine Nebensache und Verstöße können zu ernsten Konsequenzen führen. Lassen Sie sich daher rechtzeitig beraten.