Die Lösung ist immer einfach, man muss sie nur finden – soll Alexander Solschenizyn gesagt haben. Zu einfach darf man es sich beim Finden aber auch nicht machen… Das Landgericht München I hat die Werbung für einen „Corona-Wundernebel“ als irreführend verboten, wonach dieses Raumdesinfektionsmittel 99,99 % der schädlichen Bakterien und Viren aus der Raumluft und von Oberflächen entferne (Urteil vom 07.09.2020, Az. 4 HK O 9484/20).
Der Fall
Die Kulturwelt schaute Anfang September 2020 gebannt auf das beschauliche bayerische Niederding. Während die Welt noch an einem Corona-Impfstoff forschte, wurde dort der „Wundernebel“ erfunden – ein Raumdesinfektionsmittel, das 99,99 % der schädlichen Bakterien und Viren aus der gesamten Raumluft und von sämtlichen Oberflächen entfernen sollte. Sogar dem SARS-CoV-2 – das gemeine „Corona-Virus“ – sollte damit der Garaus gemacht werden. So jedenfalls die vollmundige Werbung des Herstellers. In der brach liegenden Kulturlandschaft keimte Hoffnung. Doch dann wollte es ein Wettbewerber genauer wissen und stellte gegen die Werbung einen Verbotsantrag beim Landgericht München I. Anerkannte Prüfverfahren zum Nachweis der beworbenen Wirksamkeit gäbe es nämlich nicht. Daher könne die beworbene Wirkung nur dem Wunschdenken des Herstellers entspringen.
So geht es nicht…
…sagte das Landgericht München I. Mit der eindeutigen und einschränkungslosen Werbebehauptung erwecke der Hersteller den Eindruck, dass die beworbene Wirkung des „Wundernebels“ wissenschaftlich abgesichert sei. Die Antragstellerin habe substantiiert vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass es kein allgemein anerkanntes Prüfverfahren gäbe, welches den prozentualen Anteil der Beseitigung von Bakterien und Viren in der Raumluft nach Anwendung eines Desinfektionsmittels messen könne. Daraufhin wäre es Aufgabe des werbenden Herstellers gewesen, darzulegen und glaubhaft zu machen, dass die beanstandete Werbung richtig ist. Hierzu habe der Hersteller aber keine belastbaren Unterlagen vorgelegt. Daher dürfe der Hersteller mit der beworbenen Wirkung nicht weiter werben.
Worauf muss man achten?
Wer in der Werbung bestimmte Eigenschaften oder Wirkungen eines Produkts herausstellt, der muss die Richtigkeit seiner Behauptung – solange es sich nicht offensichtlich nur um eine Werbeübertreibung handelt – auch beweisen können. Insbesondere dort, wo die Werbung einen Gesundheitsbezug aufweist, ist die Rechtsprechung besonders streng (z.B. BGH, Urteil vom 06.02.2013, Az. I ZR 62/11 – Basisinsulin). Daher sollte bei der Werbung für Produkte, die dem Gesundheitsschutz im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie dienen, vorsorglich besonders kritisch hinterfragt werden, ob die Werbung den gesteigerten Anforderungen der Rechtsprechung entspricht. Denn der Gesundheitsschutz ist in der Corona-Pandemie eine der brennendsten und für die ganze Welt wichtigsten Fragen überhaupt – wie es das Landgericht in seiner Entscheidung auf den Punkt gebracht hat.